Unterwegs im norwegischen Rondane

Eigentlich wollte ich meinen Urlaub ja entlang des deutschen E1 verbringen, aber aufgrund eines Mitfahrangebotes nach Norwegen auf ODS.net wurde kurzerhand umgeplant. Der Rondane Nationalpark war im Angebot, und ich konnte nicht widerstehen! Platz im Auto gesichert, Karten bestellt, Packliste angepasst und ab gings...

Schon auf der Fahrt war klar, dass ich mit meinen beiden Mitnehmern - Marc und Marcel - echt Glück gehabt habe und zumindest die Fahrt äußerst entspannt werden würde. Über das dänische Hirtshals gings per Fähre nach Larvik und von dort aus direkt weiter in Richtung Rondane. Morgens um eins kamen wir an, stiegen aus und stellten fest: SAUKALT!!! Schnell standen die Zelte und zumindest ich fiel umgehend in einen traumlosen aber schnarchreichen Schlaf - wofür ich mich an dieser Stelle nochmals bei den Beiden gebührend entschuldigen möchte ;)

Das Erwachen war grandios: Sonnenschein und ein traumhaftes Panorama erwarteten mich. Die beidem M's waren schon wach, was aber nicht an meinem Schnarchkonzert lag. Einem ersten gemeinsamen Frühstück folgte das große Rucksackneuundumpacken sowie das beliebte Spiel "Such die Kreditkarte". Noch schnell ein Foto vom "God Tur" Stein und ab gings nach Rondvassbu, der ersten Hütte und beliebtem Startpunkt der meisten Touren im Herzen des Rondane.

Der etwas traurig darstehende Laufbursche-Shelter vor einer großartigen Kulisse - mal kurz zum Shelter: aufgrund des steinigen Bodens war es äußerst schwierig es vernünftig aufzubauen, und Steine wollte ich es wegen des Materialabriebs nicht zu häufig verwenden. Dass es mit aber durchaus auch schön aufgestellt werden kann, hat der Laufbursche hier gezeigt


God Tur - es geht los


Schon der Weg nach Rondvassbu läßt einen den Alltag vergessen


In Rondvassbu bunkerten wir Wasser aus dem kleinen Bächlein unter der Brücke und beschlossen zusammen durch den Nationalpark zu gehen. Die erste Station war Bjørnhollia und sollte bequem in wenigen Stunden zu erreichen sein. Die typische Fjälllandschaft wird im Rondane durch Gesteinsbrocken beliebiger Größe ergänzt, was den optischen Eindruck zwar angenehm abrundet, aber durchaus einiges an Gehaufwand mit sich bringt. Dazu kommt, dass ich in unserer Gruppe die kürzesten Beine habe und idR zwei Schritte machen muss wo die beiden M's locker drüber hinwegsteigen. Insgesamt isses aber sehr ausgewogen, und bald schon stellt sich ein gemeinsames Tempo ein. Mist, kann ich mit meinem UL-Gepäck gar nicht punkten ;)

So schauts dort aus


Die typische Wegmarkierung des DNT


Der Blick reicht bis ins Jotunheimen


Eine erste Rast wird an einem kleinen See eingelegt, und wir erliegen (kauend) der subtil-mystischen Schönheit der norwegischen Landschaft. Fast zwei Stunden Pause vergehen wie im Flug und wir müssen uns ein wenig sputen um noch im Sonnenlicht unser erstes Camp zu erreichen.

Der Pausensee


Das Geröll wird bald zur Gewohnheit



Wir können auch grün


Uns überholten zwei Norweger - natürlich in kurzen Hosen und mit Schlaffellen auf dem Rucksack (ich vermute eine Anti-UL-Mission der Outdoorseiten ;))


Im Tal dann unser Tagesziel


Bjørnhollia erreichend steigen wir noch ein wenig weiter ab und bauen die Zelte hinter dem Flüßchen auf einer schmalen Wiese auf. Beim Essen präsentieren die beiden M's dann ihre erste Geheimwaffe: Couscous mit selbstgemachtem Pesto aus der 0,5 Liter-Flasche! Es schmeckt einfach obergeil und wird definitiv fester Bestandteil der nächsten Futterliste. Allerdings tröstet die Tatsache, dass der Elchfleischeintopf von Drytech fast wie selbstgemacht schmeckt und sich beim Essen ein tiefes Zufriedenheitsgefühl einstellt.

Die MYOG-Küche arbeitet zuverlässig und fix


Elchfleischeintopf mit (mitgebrachtem) Pecorino - schmeckt um Welten besser als es ausschaut. Für mich gibts nur noch Fertigfutter von Real!!!


Satt und glücklich mache ich mich für die Nacht fertig - einfach alles anziehen was mit ist - und falle erneut in einen traumlosen Schlaf, der nach Aussage meiner Nachbarn dem der letzten Nacht lautstärketechnisch in Nix nachsteht - sorry auch hierfür Jungs!!

Der Laufbursche-Shelter fertig für die Nacht


Vorm Sonnenaufgang wecken mich die Beiden, und staunend genießen wir die erwachende frostige Landschaft sowie ein leckeres Frühstück.

Morgens in Norwegen...


Unser Zeltplatz in der aufgehenden Sonne


Einige Grad unter Null lassen das Shelter in der Morgensonne glitzern


Die 250 Gramm Daue im Q300 wollen stets gut trockengehalten werden


Der Plan für heute sieht als Tagesziel Dørålseter vor, welches ich ÜBER den Høgronden, die beiden M's UM den Høgronden erreichen wollen. Meine Entscheidung, alleine über den Berg gehen zu wollen, stellte sich zwar als Fehler, aber mit ein wenig Abstand durchaus als DAS Abenteuer meiner Tour heraus. Aber erstmal gehts ein paar Kilometer bis zur Abzweigung auf/um den Høgronden. An der vorgelagerten Brücke nehmen wir kurz ein erfrischendes Teilkörperbad (brrrrrr, kalt), machen ein paar Fotos, schmieden einen Zeitplan für den Fall, dass ich es heute nicht mehr bis Dørålseter schaffen sollte und verabschieden uns für den Tag voneinander.

Und los gehts


Einen Gregory Denali Pro mit weniger als 35 Kilo zu beladen ist ja auch irgendwie UL ;)


Farbenspiel


An dieser Brücke...


... werden nochmal die Schuhe gelüftet...


... und "aufi" gehts


Während Marc und Marcel ebenerdig um den Berg herumlaufen, gehts für mich bergauf.



Was als tolle Idee gedacht war, lässt mich ziemlich bald meine überflüssigen Pfunde - genau, wir reden von MEINEN Pfunden, die sich nicht durch MYOG etc. so einfach abspecken lassen - spüren, und zwar jedes verf***** einzelne Gramm!!! Mist, aber ich habe mir die Suppe ja eingebrockt also muß ich sie auch auslöffeln. Einzig der immer weiter werdenen Panoramablick läßt den Aufwand der mechanischen Arbeit, die ich hier leiste, ein wenig in den Hintergrund Rücken. Erkenntnis des Tages: steige als Nordlicht nie auf etwas, das höher ist als der örtliche Kirchturm!

Aufwärts gehts, den Gipfel im Blick.


Nach gefühlten Jahren erreiche ich über die tatsächlich nur beschwerlich zu gehende Strecke auf gut 1750 Metern die Nothütte. Erfahrenden Nicht-Nordlichtern hätte es an dieser Stelle wahrscheinlich schon zu denken gegeben, dass der Høgronden als einziger Berg eine Nothütte hat, nicht so aber mir. Ich mache nichtsahnend Fotos von dem putzigen Ding und steige weiter gen oben.

Die Nothütte


Etwa 100 Meter unterhalb des Gipfels ist es dann soweit: Gelenke und Muskeln sind so ermüdet, dass ich mir sicher bin den Abstieg über den steilen Grad auf der anderen Seite sowie den schwer zu gehenden Weg zur Hütte heute bei Tageslicht nicht mehr gehen zu können. Und als ich dann fast die 300 Meter runter in Richtung Nothütte purzel, weil ich tatsächlich kaum noch Kraft in den Armen habe (die man immer wieder zum Festhalten benötigt), beschließe ich mein Gipfelabenteuer der eigenen Sicherheit zur liebe hier zu beenden und zur Nothütte abzusteigen. Für Außenstehende wahrscheinlich eine komische Entscheidung, für mich aber die einzige Möglichkeit die Sinn macht.

"Gipfelblick" von etwa 2005 Metern


In der Nothütte angekommen trocken ich erstmal die noch leicht klammen Sachen, rationiere das Wasser (muß es schließlich noch für den Abstieg morgen reichen), esse was und genieße die Abendsonne.

Schnell "einziehen"...


... und die Abendsonne genießen


Morgen soll das Wetter umschlagen, und ich überlege wie ich den Abstieg gestalten soll. Ein kurzer Blick auf die Karte läßt mich vermuten, dass der gut 400 Meter-Abstieg über den gerölligen Westhang möglich, und zudem wesentlich kürzer ist als über den Gipfel zu gehen oder den DNT-Weg welchen ich auch hochgekommen bin. Damit die M's keine Suchaktion starten, muß ich bis 11 Uhr am kommenden Tag an der Brücke bei Dørålseter angekommen sein, so sieht es unser alternativer Zeitplan vor, und da ich nicht weiß ob SMS ankommen, ist der Weg über den Westhang für mich beschlossene Sache - und genau das ist die Fehlentscheidung, welche aus einer bis jetzt harmlosen Bergtour ein vollkommen idiotisches Abenteuer macht!

Aber erstmal gehts für die Nacht in die Nothütte und ich falle erneut in einen traumlosen Schlaf - allerdings ohne diese Nacht jemanden zu stören ;) Gegen 6 Uhr wache ich auf und bin umgehend wach. Es ist biter kalt und windig, und ich hoffe auf einen grandiosen Sonnenaufgang.

Der Sonnenaufgang läßt einen die Situation ein wenig vergessen, gell?


-3 Grad in der Hütte addiert mit dem heftigen Wind außerhalb, ergeben laut Windchill-Tabelle, etwa -13 gefühlte Grad. Na Danke, und dass bei dem Abstieg der mir bevorsteht. Ich packe meine Sachen, ziehe alles an was ich habe und mache mich auf den Weg. Der erste Teil ist durchaus gut zu gehen. Problematisch wird es erst, als am eigentlichen Rand des Abstiegs ankomme und feststelle, dass es sich um einen klassischen Geröllabgang handelt, der zudem ziemlich steil wird. Ich überlege kurz, will meine getroffene Wegwahl aber nicht revidieren und mache mich an den Abstieg. Mich mit Händen und Füßen langsam vorwärtstastend komme ich nur langsam voran. Immer wieder muß ich mir größere Felsen suchen zu den ich springen kann, denn des Geröll unter meinen Füßen liegt nur lose auf und verabschiedet sich immer wieder spontan nach unten sobald ich es berühre. Als ich feststelle, dass der Abstieg über den Hang eine komplett bekloppte Sache ist, bin ich aber schon ungefähr auf der Hälfte, und der Weg zurück erscheint mir ebenso gefährlich wie der Weg nach unten. Ich bewältige den Weg nach unten über drei Meter-Abschnitte, auf denen ich das Risiko von dem selber losgetretenen Geröll erschlagen zu werden, überblicken kann. Halb auf größeren Platten surfend, halb rutschend komme ich nach zwei Stunden vollkommen fertig und durchgeschwitzt unten an. Ergenis der Aktion sidn zwei ziemlich ramponierte Lekis, eine gerissene Paclite Pants und die Erkenntnis, dass ich unwahrscheinliches Glück gehabt haben muss. Kurz nach meiner Ankunft unten, lösen sich nämlich ziemlich genau auf meiner Route einige Steine und rollen krachend herab.

Eine steinige Sache


Blick von halber Höhe


Unten angekommen. Für mehr Bilder war leider keine Hand frei


Die Aktion verdrängend spute ich mich jetzt, um noch pünktlich zum vereinbarten Treffpunkt zu kommen.

Und ab gehts den M's entgegen


Das Wetter wird schlechter


Zu meiner Freude haben die beiden M's meine SMS aber bekommen und kommen mir kurz hinter Bergedalstjønnen entgegen und ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd. Wir überlegen wie es weitergehen soll und beschließen das Rondanedreieck zu schließen und machen uns auf den Weg nach Rondvassbu.

Der Weg nach Rondvassbu. Und ja, da wo es steil wird gehts rauf... Klar, oder?


Zu meiner Freude gehts gleich wieder gute 400 Meter bei viel Wind und Schneegriesel steil bergauf. Die Landschaft ist aber auch bei diesem Wetter betörend schön, und nach einem kurzen Gipfelfest auf ca. 1650 Metern gehts von eisigem Wind begleitet locker runter.

Man kann dem Rondane nicht böse sein. So anstrengend es auch ist, die "Entschädigung" findet meist umgehend statt


Über den Wolken, da muß die Freiheit gar grenzenlos sein... lalala


Und der Abstieg - steinig und eisig


Und angekommen


Zeltidyll bei 2 Grad, heftigem Wind uns Schneegriesel


Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Zelte


Schnell mit ein paar Steinen vor dem Wegfliegen sichern


Laufbursche-Shelter präsentiert: Schattenkino


Gegenüber der Hütte Rondvassbu bauen wir unsere Zelte auf - es folgt ein leckeres Abendessen bei windigen 3 Grad und ich gehe noch im Hellen schlafen. Es stürmt die Nacht ziemlich, was ich allerdings zur Verwunderung meiner "Nachbarn" mit einem Tiefschlafschnarchen - sorry Jungs - quittiere. Der Laufbursche-Shelter leistet ganze Arbeit und hält Schneegriesel sowie Wind gut von mir fern.

Komischerweise bekommt man nur ein Handynetz, wenn das Telefon an den Carbonstöcken lehnt - wir beschließen eine norwegische Anomalie :D


Gemütliches gemeinsames Essen bei - für Norweger - bestem Wetter


Ja, es wird Winter


Ein letzter Blick auf Rondvassbu


Und obwohl hier ganz offensichtlich unterschiedliche Gepäckphilosophien zusammentreffen, passte es unterm Strich ganz hervorragend


Den folgenden Tag verbringen wir weitestgehend mit dem Weg zurück zum Auto. Für größere Ausflüge im Rondane-Gebirge fehlts an Zeit und gutem Wetter, und wir beschließen in der Kommune Gausdal noch einem Urwald einen Besuch abzustatten.

Hier endet dann auch mein Kurztrip nach Norwegen, der wirklich alles enthielt, was einen Urlaub unvergeßlich macht. Besonders freue ich mich aber über den Zufall, der Marc, Marcel und mich diesen Urlaub hat zusammen verbringen lassen. Es hat riesigen Spaß mit euch gemacht, und ich freue mich auf Jotunheimen :D

Und mit diesem Abendhimmel verabschiedet sich Norwegen von uns

12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Willkommen zu Hause. Klingt ja nach einer geilen Tour.

Anonym hat gesagt…

Edit: Die Videos lassen sich leider nicht ansehen.

Unknown hat gesagt…

Absolut genial, Q! Traumhafte Bilder, und wie ich denke wart Ihr zur besten Zeit dort, die Farben im Herbst sind einfach unbeschreiblich schön.

Videos nur für Freunde?!

Basti hat gesagt…

Hi Q,
Willkommen zurück. Jetzt wird meine Entscheidung fürs nächste Jahr "Kungsleden oder Rondane" nur noch schwieriger. Die Bilder sind klasse geworden. Nur leider hab auch ich Probleme mit dem Öffnen der Videos.
Jetzt auch das Laufbursche-Shelter seine Feuertaufe hinter sich. Bin mal gespannt, wann es mir endlich vergönnt ist, unter dem Teil zu schlafen?!

Plattfüße hat gesagt…

Hi Q,
die M´s haben deinen Tourbericht mit großer Freude gelesen. Sooo schlimm wars nicht mit deiner Fjellsäge, die meisten Birken stehen ja noch.....
So bald wir unsere Sicht der Tour zusammen haben posten wir die auch gerne.
Gruß aus dem Pott
M&M

Anonym hat gesagt…

traumhaft!!!

Wie viele km waren es cirka und wieviele Leute hast Du da getroffen? (außer den M's natürlich).

lg
Regenwurm

Anonym hat gesagt…

Auch von mir ein fröhliches "Willkommen Zuhause".
Klasse Bilder!


Besten Gruß, Rio

Qbloggt hat gesagt…

Moin.
Die Videos sollten jetzt funktionieren ;)

@Basti Sollte es nicht Rondane UND Kungsleden heißen?! Der Kungsleden steht hier aber auch auf der großen Liste, ebenso wie Jotunheimen. Vielleicht bietet sich ja ne Forumstour dorthin an ;)

@Regenwurm es waren lediglich 50 Km (in Bewegung) laut GPS, zumindest solange die Batterien noch mitgemacht haben. Und mal abgesehen von norwegischen Tagestouristen, ist das Rondane ziemlich einsam gewesen.

Unknown hat gesagt…

Na, der Laufbursche shelter steht wie eine EINS! Yeps, die Videos funktionieren also nun, kann das bestätigen.

quasinitro hat gesagt…

Hast du sehr kurzweilig und unterhaltsam geschrieben,fein!
Berge sind nun mal zum drüberlatschen da,hätte ich auch gemacht ;-)

Grüße vom Nitro

Anonym hat gesagt…

....schöne Bilder,schöner Bericht! Meine Freundin und ich waren dieses Jahr auf'n kurzen Abstecher ins Rondane - waren aber doch sehr angetan und haben beschlossen auf jeden Fall auf eine längere Tour zurück zukommen.

Toralf & Nicole & Teo(the dog)

naturfreund hat gesagt…

Servus,

ein wirklich schöner Reisebericht und tolle Bilder. Ich bin dieses Jahr aus Richtung Doralseter über den Hogronden gewandert. Hatte eigentlich vor, noch über den Rondslottet zur Rondvassbu zu gelangen - war jedoch ein bißschen viel für einen Tag, also bin ich über die Bjornholia gegangen. Sollte vielleicht auch maln Reisebericht schreiben, solange die Erlebnisse noch frisch sind.

Liebe Grüße, Uwe

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