QBAK2010 Tag 12 - Bekleidung unterwegs

Wenn man Leichtwandern mit Bekleidung zusammen ins Gespräch bringt kommt schnell Gelächter auf. Immerhin würde man ja als Leichtwanderer genaugenommen gar keine Kleidung brauchen, zumindest nicht, wenn man es ernst meinen würde. Dass das so nicht stimmt sollte klar sein, trotzdem wiegt ein gutes Bekleidungssetup meist nicht mehr als "des Kaisers neue Kleider", verrichtet aber zuverlässig seinen Dienst. Sich mit Kleidung zu beschäftigen lohnt also...
Und wer es noch ein wenig leichter haben möchte kann ja mal hier vorbeischauen... ;)

Ich werde keine generellen Produktempfehlung geben, da das Thema meiner Meinung nach zu individuell ist und die Produktlebenszyklen immer kürzer werden. Allerdings stelle ich autobiografisch ein paar meiner Lieblings-Kleidungsstücke vor und stelle später auch noch Bilder, quasi als "Serviervorschlag" ein. Diese aber erst, sobald ich sie gemacht habe ;)


Das Zwiebelprinzip
Das Zwiebelprinzip an sich ist nichts Neues. Es beschreibt ein Schichtsystem, welches unterschiedliche Bekleidungsschichten so miteinander kombiniert, dass
- Feuchtigkeit optimal vom Körper wegtransportiert wird (Regulation)
- warme Luft gespeichert wird (Isolation)
- Wind und Feuchtigkeit die Bekleidung nicht beeinträchtigen (Protektion)

Der Vorteil dieses Sytems beruht auf der Tatsache, dass viele speziell zusammengestellte Schichten besser miteinander funktionieren als einige wenige. Lodenmantel mit Wollunterhemd mag vielleicht schick sein, ist aber kein richtiges Zwiebelsystem ;)
Wollshirt, Fleecepulli, Isojacke, Windjacke und eine Regenjacke jedoch sind flexibel und ermöglichen es einem spontan auf neue Bekleidungsanforderungen zu reagieren.

Für den Leichtwanderer ergeben sich, bei voller Ausnutzung dieser Idee, diverse Vorteile. Zum Beispiel hält ein leichtes Windshirt die erzeugte Körperwärme bei geringem Gewicht und guter Regulation perfekt am Körper und wird bei Regen durch eine leichte Regenjacke ergänzt. Diese Kombi aus Windshirt und Regenjacke muss nicht mehr als 350 Gramm wiegen, wahrscheinlich weniger als die Hälfte einer herkömmlichen 3-Lagen-Jacke. Es läßt sich also trotz vieler Variationsmöglichkeiten einiges an Gewicht sparen.

Außerdem erhöht ein gut überlegtes Schichtsystem die Sicherheit. Durch viele einzelne Isolations- und Protektionsschichten kann defekte oder verlorene Bekleidung schnell ersetzt werden. Bei obigem Beispiel könnte zB die Regenjacke die Windjacke ersetzen oder kurzfristig auch umgekehrt. Habe ich nur eine Jacke dabei ist die Tour schnell beendet falls sich diese in ihre Einzelteile zerlegt.


Die einzelnen Schichten

1. Schicht - Regulation
Die erste Schicht hat die primäre Aufgabe Feuchtigkeit möglichst schnell von der Haut abzuleiten und diese somit trocken zu halten.
Idealerweise finden hier Materialien aus Kunstfaser Verwendung, da sich diese im Gegensatz zu herkömmlicher Baumwolle nicht so stark mit Wasser vollsaugen und auch feucht noch wärmen. Eine Alternative stellt Wolle da, denn sie kann bei unverminderter Isolationswirkung bis zu 1/3 ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen. Die 1. Schicht sollte eng anliegend getragen werden, damit ihre Funktion nicht beeinträchtigt wird.

Ich persönlich bin ein großer Fan von Merinowolle. Bekleidung aus dieser Wolle sind zwar etwas teurer, sorgen aber für ein ausgewogenes Mikroklima und riechen auch nach viel bewegungsreichen Tagen nicht - ich habe das getestet :D
Als Shorts trage ich stets eine dünne 3/4-lange Merino-Shorts - diese sorgt nicht nur für warme Nächte ohne die Überhose tragen zu müssen, sie ist, sollte es mal wärmer werden, auch solo gut zu tragen (zumindest in nicht besiedelten Gegenden ;)). Dazu trage ich meist ein Shirt mit langen Armen und hohem Kragen mit Reißverschluss - wenn es zu warm wird, können die Ärmel hochgeschoben und der Kragen geöffnet werden.

Diese Woll-Kombi wiegt etwas mehr als eine Kunstfaser-Kombi, allerdings ist sie universell einsetzbar und kann tagelang getragen werden ohne dass einem die Nase abfällt.

Socken gibts dann mit dem Schuh-Beitrag in den kommenden Tage.


2. Schicht - Isolation
Die Isolationsschicht soll möglichst viel Körperwärme speichern. Dieses erreicht man durch das Tragen von beispielsweise Fleece oder gefütterter Kleidung. Die Isoschicht sollte keinesfalls zu eng am Körper getragen werden, da sich die Wärme sonst nicht im zusammengedrückten Gewebe halten kann. Also lieber eine Nummer größer als zu klein. Weiterhin muss die 2. Schicht feuchtigkeitsunempfindlich sein, da sie durch Körperfeuchte sonst schnell an Isolationsfähigkeit verlieren kann - Daune ist hier also bei Bewegung nicht die beste Wahl, lieber auf Kunstfaserpelz oder Primaloft zurückgreifen.

Ich habe immer einen dünnen Fleecepulli sowie eine windabweisende Jacke mit Primaloftfüllung im Gepäck. Diese Kombi hat sich bisher bis an die zweistelligen Minusgrade bewährt, trocknet extrem schnell und wiegt wirklich wenig: Pulli 240 Gramm und die Jacke 360 Gramm - beides XL. Der Pulli ist ein Meru Aneto, die Jacke eine Beghaus Infinity Light (im Vergleich mit anderen Isojacken).

"Untenrum" habe ich in den letzten Jahren verschiedene Hosen versucht, allerdings alle nichtisolierend - Dank der 3/4-langen Unterhose auch nicht notwendig. Bei einer Hose ist mir wichtig, dass sie gut belüftet ist, stabil gebaut ist, gut sitzt und natürlich nicht viel wiegt. Zwischen 250 und 550 Gramm, je nach Jahreszeit, ist hier alles möglich.

Mein absoluter Favorit ist die Montane Terra Pants mit rund 380 Gramm: tolle Belüftung, super stabil, gute Passform, UV-Schutz und wahnsinnig schnell trocknend. Eine leichte Alternative hat auch Globetrotter im Programm: Yokohama Pants. Meine wiegt 240 Gramm in M, ist aber auch nicht so stabil wie die Terra Pants - allerdings eben so schnell trocken.

Übrigens: ganz mutige Zeitgenossen lassen jegliche Isolationsschicht zu Hause und wärmen sich abends mit dem Schlafsack. Eine tolle Idee, solange es trocken ist. Aber ob es so gemeint war?! :D



3. Schicht - Protektion
Die 3. Schicht hat die Aufgabe den Wanderer zuverlässig vor Wind und Regen zu schützen. Sie besteht in der Regel aus wasserdichten aber diffusionsoffenen - sprich atmungsaktiven - Materialen. Die Auswahl ist hier schier unbegrenzt, und Jahr für Jahr kommen neue Produkte auf den Markt. Welche Materialien wirklich gut funktionieren kann so nicht gesagt werden - aber nicht immer sind es die bekannten Hersteller die überzeugen.
Wie oben erwähnt hat die Protektionsschicht weiterhin die Aufgabe, die Körperwärme nicht nach außen entweichen zu lassen. Zum Beispiel kann man sich für die Nacht seine Regensachen anziehen und so die Wärmeleistung seines Schlafsacks deutlich steigern - ich habe so zB einen dezent unterdimensionierten Urlaub in der Rondane muggelig schlafend überstanden, was die beiden M's bis heute verwundert ;)

Bei der 3. Schicht haben sich ein paar Klassiker herauskristallisiert - zum einen die Berghaus Paclite Pants, zum anderen der Haglöfs OZ Pulli. Zusammen getragen ergeben sie eine wirkungsvolle Barriere gegen Witterungseinflüsse jeder Art. Zum anderen erkennt man dich gleich als Leichtwanderer ;)


Weiterhin ist ein Windshirt ein wichtiges Bekleidungsstück im System. Warum?
- es schütz vor Wind und hält die Körperwärme recht gut
- es schützt kurzfristig vor leichtem Regen
- es ergänzt die Isoschicht bei Bedarf und kann unter der Regenjacke getragen werden
- es wiegt fast nix
Ein multifunktioneller Ausrüstungsgegenstand wie wir ihn mögen.

Natürlich kann man abends fürs Camp auch noch eine reine Isojacke mit Daunenfüllung mitnehmen. Man hat aufgrund seiner übrigen Bekleidung den Vorteil, dass man keine 2-Kilo-Jacke mitnehmen muss, sondern nur die bestehende Isoschicht mit einer dünnen Daunenjacke ergänzen kann. Das spart Gewicht und Geld beim Einkauf.


Tipps
"Was ziehe ich an?" fragt sich nicht nur die Freundin sondern auch der Leichtwanderer vor jeder Tour. Der Markt ist riesig und die Bedürfnisse unterschiedlich, daher hier ein paar ergänzende Tipps
  • Vermeide Schwitzen - Du musste deine Ausrüstung vor Feuchtigkeit schützen, daher solltest Du nur soviel Kleidung tragen, dass dir nicht kalt ist Du aber auch nicht ins Schwitzen kommst. Feuchte Kleidung wärmt nicht mehr und ist unter Umständen nur schwer wieder zu trocknen.
  • Mehrfachnutzung - ich erwähnte ja schon das Beispiel mit dem Schlafsack. Du kannst Gewicht einsparen, wenn Du deine Schlafsackisolation durch Bekleidung ergänzt oder zB die Isojacke ohne Kapuze kaufst und dafür eine universell einsetzbare Mütze trägst.
  • Menge - Man sagt: Nimm so viel an Kleidung mit, dass Du abends im Schlafsack alles trägst und nicht frieren musst. Ist ein Kleidungsstück übrig, ist es überflüssig. - So radikal würde ich es nicht formulieren, aber überlege genau was Du wirklich brauchst und was nicht.
  • Sicherheit - Nimm so viel an Bekleidung mit, dass Du keine Probleme bekommst wenn Du doch einma durchregnest oder es unerwartet kalt wird. Leicht ist zwar gut, sicher ist aber besser!
  • Waschen - Nimm lieber weniger mit, wasche dafür unterwegs regelmäßig. Denn auch wenn ein Hemd aus Merinowolle ist, ist es schön etwas frisch Gewaschenes anzuziehen. Socken zum Beispiel wechsle ich täglich und wasche das getragene Paar. So kann man Monate mit nur zwei Paar Socken unterwegs sein.
  • Information - VOR deiner Tour solltest Du dich gründlich über notwendige Bekleidung informieren. Jede Landschaft stellt ihre ganz eigenen Ansprüche an dein Bekleidungskonzept, und Du solltest es auf dein Urlaubsziel hin optimieren.
  • Nach der Tour ist vor der Tour - Du solltest dein Bekleidungskonzept nach jeder Reise erneut auf die Probe stellen: was hat sich bewährt, was nicht, war alles dicht oder hats durchgeregnet? Nur wenn man seine Bekleidung mit ihren Vor- und Nachteilen kennt, lässt sich damit herumexperimentieren.


Also, Happy shopping... ;)

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